KATHARINA SOMMER |
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THERAPEUTISCHES
UND/ODER PUPPENSPIEL
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Versuch einer Differenzierung
- von Katharina Sommer -
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Ein wichtiges und immer wiederkehrendes Thema bei den Tagungen der Gesellschaft für Therapeutisches Puppenspiel, Arbeit mit Figuren und Masken ist, die „Grundlagen des Therapeutischen Puppenspieles zu klären". Es gibt Menschen in verschiedenen Berufsgruppen, die das Medium der Figur, Puppe oder Maske in ihrer Arbeit benutzen und eine Klärung und Differenzierung von Puppenspiel und seinen Funktionen in den verschiedenen Bereichen scheint nötig.
Der Ausgangspunkt für die Diskussion war ein Gespräch mit Künstlerinnen auf dem letztjährigen Forum. Sie wurden gefragt nach dem persönlichen Hintergrund ihres gerade vorher vorgestellten Stückes. Dies ist an und für sich keine allzu ungewöhnliche Frage, aber es wurde deutlich, dass auf einem bestimmten Hintergrund gefragt wurde: der persönliche, psychische Hintergrund eines Stückes wurde wichtig, da das Stück ja, unter anderem auch "therapeutisch" sei und wirke.
Dies war für mich der Anlass, die folgenden Differenzierungen zu versuchen, da es wichtig ist, deutliche Unterscheidungen zu treffen, da mit jede/r weiß, wovon man spricht. Die Möglichkeit der Missverständnisse wäre sonst allzu groß. Eine Gleichsetzung von Theater und Therapie ist nicht sinnvoll. Eine Überhöhung des therapeutischen Geschehens und Projektion in alle Lebensbereiche hinein ebenso wenig.
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Beginnen wir mit einer einfachen Übung: Stellen Sie sich vor .....................
1. Theater
Sie sitzen gemütlich im Theater. Vor Ihnen ist eine geheimnisvolle Welt aufgebaut. Dort beginnt es sich zu räkeln, zu huschen, es beginnen sich kleine Figuren aus dem Hintergrund zu lösen, Sie sehen eine Spielerin, die die Figuren belebt, die selbst ein Teil der Figuren, des Märchens ist, die sie darstellt. Diese ist im Licht, sie selbst sitzen im Dunkeln, gespannt, erfreut, vielleicht auch mal gelangweilt und mit den Gedanken an den morgigen Einkauf. Aber auch verzaubert in dieser Welt, sie leiden mit und freuen sich. Um Sie herum sitzen andere Menschen und je nach Gestimmtheit lassen sie sich unterschiedlich auf das Geschehen ein.
Elemente und Wirkung : Über die Distanz zwischen Zuschauer und Spieler entstehen neue Phantasiewelten. Der Spieler schafft sie mit seinen Bildern und den Körpern der Figuren. Da sie nicht nur über Sprache gezeigt werden, ist im hohem Maße Imagination, das bildhaft-analoge Denken angesprochen. Im Gegensatz zum mehr sprachlich dominierten analytisch-logischen Denken der anderen Gehirnhälfte, ist diese Bilderwelt mehr an den Sinnen und den Gefühlen, kann direkter "berühren".
2. Pädagogik
Sie sitzen in der Volkshochschule, Kurs Französisch für Fortgeschrittene. Die Lehrerin hat aus ihrem alten Kasperltheater zwei Figuren mitgebracht: eine Prinzessin und den Prinz. Sie gibt zweien ihrer Schülern die Figuren. Gottseidank hat es Ihre Nachbarin erwischt und nicht sie selbst, erstmal würde ich mir das nie trauen. Nun soll sich eine Liebesszene entwickeln. Natürlich in Französisch. Und die ganze Klasse sitzt aufmerksam da, ein Gelächter "Je t'aime" - "Mais mon père..." Die spielenden Personen bekommen Hilfe aus der Gruppe, wenn ihnen die Worte ausgehen. So sitzen bald drei und vier Personen hinter den jeweiligen Spielern und "doppeln", d.h. führen Dialoge fort, wenn die Spieler nicht mehr weiter wissen. Die ganze Gruppe ist "voll dabei" und lernt mit Herz und Verstand und merkt gar nicht, daß es um Französisch geht. Sie können Leistungsdruck und Scham vergessen, nicht sie sprechen, sondern die Figuren.
Elemente und Wirkung: Wie beim Theater hat auch hier die Figur animierende Wirkung. Mithilfe der Figur können die Personen sich selbst vergessen, von der Selbstbeobachtung und Hemmung weg zu einem freieren Ausdruck kommen, das hilft ihnen, sich in das fremde Element der fremden Sprache zu trauen.
3. Heilpädagogik
Samson, 12 Jahre alt, behindert in seinen Bewegungen durch eine spastische Lähmung. Heute hat er wieder "Stunde". Die Pädagogin hat in letzter Zeit mit der Fadenpuppe mit ihm gearbeitet. Da lernt er spielerisch das sich Ausdehnen, Strecken und außerdem hat er sehr viel Spaß mit diesem Wuschelkopf, der ihm ein bißchen ähnlich ist. Heute allerdings sieht sie schon an seinen lustlosen Bewegungen, daß es ihm keinen Spaß macht. Er ist schlechter Laune, traurig. Vielleicht weil sie ihm gestern die Haare geschnitten haben, die Wuscheln sind weg. Er legt die Hand und den Teddybär und sie hilft ihm, den Bären zu nehmen und sich mit ihm in der Sofaecke einzurollen. Vorsichtig deckt sie ihn zu, es schaut nur noch die Nasenspitze heraus. Er wird ruhiger, sie sind beide ganz zufrieden mit der "Stunde" heute.
Elemente und Wirkung: War die eine Figur (Fadenpuppe) wie oben beim Sprachen lernen ein Medium, um Bewegung mit ihr zu lernen und zu üben, trägt die zweite Figur (Bär) einen anderen Schwerpunkt in die heilpädagogische Stunde. Diesmal ist es ein seelisches/soziales Lernen. Die Pädagogin erlaubt ihm eine Regression, Trauer oder auch nur Rückzug. Damit schafft sie ein wohlwollendes Klima, in dem Lernen und Ruhe möglich ist. Die menschlichen Bedürfnisse und Gefühle haben ihren Platz. So wird die Stunden später das Lernen an der Fadenpuppe wieder möglich, weil es Spaß macht und nicht nur weil "man" muss.
4. Erwachsenen Psychotherapie
Lisa B., 32 Jahre alt, geht zur Psychotherapie. Sie ist schon ein halbes Jahr da. Auf das Angebot der Therapeutin mit den kleinen Fingerpuppen, wählt sie zwei aus: ein Kind und eine Oma. Es ist eine liebe, grauhaarige Oma mit einer Nickelbrille. Lisa spricht zunächst nicht. Sie legt einfach die Oma auf das Kind. Immer noch bleibt sie stumm, aber in ihrem Gesicht zeichnet sich Spannung ab, resignative Trauer- Ärger ? Im Laufe der Dialoge, die Kind-Oma führen und im Gespräch darüber wird deutlich, dass sich Lisa nach den frühen Tod der Mutter ihrer Großmutter, bei der sie aufgewachsen war, sehr ausgeliefert gefühlt hat. Sie kann die Oma schließlich von dem Kind runternehmen, schmeißt sie in eine Ecke. Für das Kind findet sie einen Liegestuhl und verwöhnt es mit einer Schüssel Obst. Unter den Figuren findet sie eine blasse, schmale Dame. Die liegt dann irgendwo im Hintergrund und ist tot.
Zwei Jahre später:
Lisa erinnert sich, dass sie zu Beginn der Therapie mit der Oma und dem Kind gearbeitet hat. Sie holt sie wieder hervor. Nun sitzt die Oma in ihrem Sessel in ihre Wohnung, die blasse Dame im Hintergrund auf einem Stuhl. Das Kind geht mit einer jungen Frau, die einen roten Rock hat gerade aus dieser Wohnung und richtet sich eine neue ein.
Elemente und Wirkung: Zunächst ging es um die bildhafte, figürliche Darstellung eines inneren Konfliktes. Im bildhaft-analogen Denken kommt die Patientin schnell und direkt zu den unbewussten Konflikten und kann sie sich dann ansehen, die damit verbundenen, meist verdrängten Gefühle zulassen und dann auch logisch-analytisch, mit Bewusstsein betrachten und bearbeiten. Zwei Jahre später ist es keine unbewusst geleitete Phantasie, die sie darstellt, sondern sie gestaltet aktiv, bildhaft-symbolisch einen inneren Prozess. Auch das setzt ein weiteres Verständnis und Vertiefung einer neuen Orientierung in Gang. Durch die Figuren wird nicht nur darüber geredet, sondern körperlich in Zeit und Raum vollzogen: Nachdem die abgewehrten Aggressionen auf die Oma durchgearbeitet worden sind, will und kann sie nun dieses innere Kind an der Hand nehmen und mit neuem Mut (ein roter Rock bei der jungen Frau =Ich) eine eigene Wohnung einrichten, einen eigenen Platz in der Welt finden.
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Das Puppenspiel war jedes Mal anders. Abhängig vom sozialen Kontext, von der Aufgabe der Spielerin/Pädagogin/Therapeutin. Die persönliche Beteiligung der Person, Zuschauer, Klient, Patient war jeweils verschieden.
Im günstigen Fall können wir davon ausgehen, dass der Mensch jedes Mal verändert aus der Situation herauskam. Die Griechen sprachen von der Katharsis durch das Theater, eine emotionale Erschütterung, ein Berührtwerden, das gleichzeitig reinigenden Charakter hat. Dieses gemeinsame Ergebnis: der „veränderte Mensch“ berechtigt jedoch nicht dazu, diese ganz grundverschiedenen Situationen gleichzusetzen. Es kann vieles heilend sein, deshalb ist nicht immer automatisch "Therapie" am Werk.
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Sozialer Kontext und persönliche Beteiligung:
Die Definition der Beziehung geht über den sozialen Kontext. Öfter werde ich in meinem privaten Bereich mal gefragt: "und was meint die Psychologin dazu?" und wenn ich antworte: "habe keinen Dienst im Moment" - wird gelacht und im Grunde sind die Menschen ganz erleichtert. Die Psychologen beobachten, bewerten, "durchschauen" etc. Das gesellschaftliche Bild ist ambivalent, immer hat es mit einem Sich-Ausliefern zu tun. Dies betrifft das Moment des Vertrauens, des Sich-Öffnens. Im Beispiel oben ist deutlich, dass es in der Psychotherapie direkt um die Person geht. In den anderen Bereichen ist der Kontakt meist indirekt (Theater) es bezieht sich auf die anonyme Gruppe der Zuschauer. Oder der Schwerpunkt ist sachbezogen, wie in der Pädagogik. Die Unterscheidungen zur Heilpädagogik sind etwas schwieriger.
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Aufgaben des Pädagogen/Therapeuten:
Die grundlegenden Elemente im Theater, Pädagogik und Therapie sind: erlebnisbezogen, konfliktorientiert, sachorientiert, übungsbezogen.
Bei der Psychotherapie kommt noch ein wesentliches Merkmal hinzu: sie sind persönlich konfliktzentriert. Natürlich gibt es auch im Theater und in der Pädagogik Konflikte. Konfliktzentriert meint die Bezogenheit auf innerdynamische Abläufe und sozialkommunikative Prozesse. Innerdynamische Konflikte lassen sich nur verstehen aus der Psychodynamik oder/und der persönlichen Geschichte der Person.
Ein kleines Beispiel: im Spiel mit dem Scenokasten (ein psychologischer Testkasten, der projektive Bilder des erwachsenen oder kindlichen Probanden durch sein Spiel erfasst und bearbeitet. Es sind Figuren darin, Menschen Tiere, Gegenstände, Bauklötze.) spielte ein Junge: es kommen die wilden Tiere aus dem Wald und fressen einen jungen Mann. Der Psychotherapeut hat nun die spezielle Aufgabe, einmal zu verstehen und zweitens therapeutisch zu agieren. Es ergeben sich mehrere Möglichkeiten:
1. Der junge Mann ist ein Abbild des Jungen und die Szene stellt eine Überwältigug dar. Das können sein reale Bedrohungen von außen oder eigene Phantasien. In diesem Fall ist es wichtig, den jungen Mann grundsätzlich zu schützen, den "wilden Tieren" ihren Ausdruck zu geben, sie aber auch zu begrenzen.
2. Der junge Mann stellt nicht ihn selbst dar, sondern das Ziel seiner Aggressionen (nehmen wir an, den Vater). In diesem Fall ist es wichtig, die wilden Tiere erstmal machen zu lassen, sogar soweit, dass sie den jungen Mann töten. Die Therapeutin hilft im Doppel bei der Ausführung mit.
Wie kommt die Therapeutin zu ihren Schlüssen und zu ihrem Vorgehen? Die Ausbildung zur Sensibilisierung, Erfahrung und Wissen sind ein Teil. Der wichtigere ist das Sich-Einstellen auf den Patienten: hinhören, Nachfragen, ohne z.B. ein Kind durch zu direkte Fragen zu verschrecken. Der nächste Punkt ist die Einschätzung in welcher Phase des Therapeutischen Prozesses steht das Kind. Eine Unterstützung der Aggressionen ist zur Entlastung von Schuldgefühlen zu Beginn der Therapie grundlegend wichtig. Im späten Verlauf der Therapie wäre genau dieselbe Verhaltensweise grundfalsch, da dort die sozialen Aspekte Platz haben müssen. Außerdem besteht auch die Gefahr, dass die Therapeutin sich in Einschätzungen und Theorien verfängt, auch mal den Kontakt zum Klienten verliert und nicht merkt, dass sie eigene Aggressionen bearbeitet und nicht die des Klienten. Dazu werden sie in der Selbsterfahrung auch für sich geschult und müssen sich die Vorsicht und das ständige Lernen bewahren.
Dieses Vorgehen ist konfliktzentriert und prozessorientiert. Die angesprochenen speziellen Schwierigkeiten zeigen, dass nicht jede Intervention, sei es mit oder ohne Figuren therapeutisch sein kann oder gar darf.
Die besonderen Merkmale einer Psychotherapie mit den Figuren o.ä. sind: starker Aufforderungscharakter, besondere Möglichkeiten der symbolischen Darstellung, "Tiefenproduktion" unbewusster Inhalte, die so bewusst gemacht werden, Bezug zur eigenen Geschichte wird deutlich und darin verborgene Konflikte werden therapeutisch angehbar.
Förderung der Spontaneität, Kreativität und überhaupt des persönlichen Ausdrucks( s.o. Spiel- und Lebensfreude etc) In der Psychotherapie zeigt der Mensch nicht "Etwas" sondern direkt "Sich", d.h. es wird auch als solches angesprochen und benannt. Dieses Öffnen eines Intimbereiches erfordert besonderen Schutz und Vertrauen und u.a das Einverständnis des Menschen, das er gibt, indem er eine Psychotherapie aufsucht. Alles andere wäre eine gefährliche, weil unklare soziale Situation. Schon Psychotherapie hat große diffuse Bereiche von Möglichkeiten zu Machtmissbrauch, ungeklärte Situationen haben es noch mehr. Etwas unklarer ist die Unterscheidung der Kinderspieltherapie und Kinderspielpsychotherapie. Auch hier ist das gezielte, konfliktorientierte Vorgehen auf dem Hintergrund der Entwicklungs- und Neurosenlehren o.ä. ausschlaggebend für den Unterschied. Obwohl bei beiden Therapieformen nicht unbedingt das Gespielte besprochen wird oder in einer anderen Weise verbal auf die biographische oder familiäre Situation des Kindes mit dem Kind direkt besprochen wird, ist dieser Unterschied wichtig. Selbst wenn sich einzelne Spielsitzungen der beiden Therapierichtungen auf den ersten Blick nicht unterscheiden würden, ist dieser Hintergrund wichtig. Dies zeigt u.a. auch die geplante Neuregelung für psychologische Psychotherapeuten: es wird eindeutig unterschieden zwischen Erwachsenen-Psychotherapeuten und Kinder-Psychotherapeuten. Das heißt, dass auch ausgebildete Erwachsenentherapeuten nicht gestattet wird Kinder psychotherapeutisch zu behandeln. Einmal mehr ein Hinweis, dass die Durchführung einer Psychotherapie einer bestimmten Schulung und Ausbildung bedarf und auch aus diesem Grund die Unterscheidung von Spieltherapie und Psychotherapie für uns in der Gesellschaft für Therapeutisches Puppenspiel unbedingt wichtig und notwendig ist.
Weiterhin ist ein Hinweis wichtig, dass Therapie nur machen darf, der als Mediziner, Psychologe oder Pädagoge als Therapeut zugelassen dazu befugt ist oder eine entsprechende Zulassung als Heilpraktiker vorweisen kann. Dies gilt für die freie, ambulante Arbeit. Im Rahmen von Institutionen wie Kliniken oder anderes, finden verschiedene Therapieformen statt, wie auch Musiktherapie, Bewegungstherapie oder eben auch Spieltherapie. Dies ist eine berufspolitische und gesetzliche Regelung.
Aus diesem Grund sind auch Psychologen nicht grundsätzlich zur Therapie zugelassen. Sie müssen eine umfangreiche Ausbildung zusätzlich machen. Dies ist nicht nur ein rein formales Vorgehen, es unterstreicht die Unterschiede nochmals in rechtlicher Hinsicht. Die soziale Rolle des Aufführenden hat ganz unterschiedliche Implikationen:
1. Theaterspieler
Er/sie ist dem eigenen Thema verpflichtet, außerdem gegenüber den Zuschauern. Er/sie stehen in Theatertraditionen, Grenzen der Schicklichkeit und Ethik etc.
2. Der Lehrer
hat Vorbildfunktion für die Schüler, er ist dem Lehrplan verpflichtet und den Schülern, Ethik etc. in seinem sozialen Rahmen Schule, Arbeit mit Kindern oder Erwachsenen etc.
3. Der Pädagoge
ist dem Betreuten verpflichtet oder der Gruppe, meist einem Lehr-oder Entwicklungsplan. Er hat aber schon deutlich mehr Freiheiten gegenüber einem Lehrer, der einem fachlichen Lehrplan unterliegt. Er ist weitaus mehr an den persönlichen, entwicklungsmässigen Bedingungen seiner Schüler orientiert.
4. Der Therapeut
ist hauptsächlich dem Patienten verpflichtet. Er dient auch als Vorbild und hat entlastende Funktion. Ethische, gesellschaftlichen Verpflichtungen sind gegeben, treten nicht in die Öffentlichkeit, wie andere s.o.
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EPILOG:
"Nur eines zählt: Wenn eine Gruppe von Menschen gemeinsam ein Klima herstellt, das erlaubt, die Probleme im Leben zu erkennen und zu ertragen, ihnen zu trotzen, wenn sie dabei alle ein bisschen erwachsener werden, dann ist das ein Gewinn."
Dies ist kein Ausspruch über Therapie, sondern über Theater (Peter BROOK in einem Interview der Frankfurter Rundschau vom 12.6.93). Gegen die allgemeine Sprachverwirrung, dass alles, was den Menschen verändert, therapeutisch genannt werden muss. Theater ist eine Art Vortrag, Therapie ist ein bestimmter sozialer Rahmen mit umschriebenen Zielen - beides ist nicht das Leben an sich, sondern Sonderformen. Und die Therapie hat den richtigen Platz, wenn sie sich einordnet unter die verschiedenen Möglichkeiten der Entwicklung und Veränderung.
Und nicht selten helfen Freunde, ein Buch, die Liebe, Religion, ein Theaterstück besser als sie. Sehr viele Menschen verändern sich ohne Therapie - das klingt selbstverständlich, wird aber inzwischen schon nicht mehr durchgängig geglaubt.
Die Überschätzung und Hyperthrophierung von Therapie ist im Rahmen von Überschätzungen und Delegation an Ärzte, Medizin, Wunderheilungen etc. zu sehen. Ich mache gern Psychotherapie und finde sie sehr sinnvoll. Trotzdem bleibt sie eine Übergangslösung, sozusagen eine Krücke bei lahmem Bein und sehr erfreulich, wenn sie nicht mehr nötig ist.
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